Dragon Quest VIII 3DS Rezension

Dragon Quest VIII 3DS Rezension - Cover

In Japan ist die Euphorie für viele Dinge besonders hoch. Höher als wir uns das jemals vorstellen könnten. Kilometerlange Schlangen vor Geschäften sind keine Seltenheit. Wenn es dann soweit kommt, dass der Erscheinungstermin eines bestimmten Spiels bevorsteht, wird dieser sogar absichtlich auf einen Feiertag, oder ein Wochenende gelegt, um der Bevölkerung keinen Grund zu geben die Arbeit sausen zu lassen. Dieses Spiel, das ein ganzes Land lahmlegt und seit je her für Furore sorgt, heißt Dragon Quest!
Hierzulande versucht Square Enix vor allem mit einer spielerischen Entfernung vom gewohnten Rollenspiel-Genre die Marke anderweitig zu etablieren, wie die Ableger „Warriors“ und „Builders“ zeigen. Mit Dragon Quest VIII dürfen wir nun eine neue Version des bis dato besten JRPGs 12 Jahre nach Release in einer aufpolierten Version für den 3DS erwarten.

„Dragon Quest VIII: Die Reise des verwunschenen Königs“ beginnt mit dem kleinsten Darsteller, den dieser Teil zu bieten hat: Einer Maus. Ihr seht, wie sie aufgeregt über den Boden flitzt. Zuweilen bleibt sie aber auch mal stehen, um kurz zu schnüffeln, oder sich verängstigt umzuschauen. Nach der Verfolgung des Nagers erwartet uns ein dichter Wald, in dem wir den namenlosen Helden in seinem senfgelben Umhang und seine Begleiter Yangus, ein ehemaliger Bandit, der einen untersetzten Unterbau besitzt kennenlernen. Mit von der Partie sind ein grünes, koboldartiges Wesen, sowie ein Pferd, samt Kutsche im Schlepptau. Wie wir recht bald erfahren, handelt es sich bei dem Wicht um König Trode, einem verwunschenen König. Und wer glaubt ihn hat es übel getroffen, sollte einen Blick auf das Reittier werfen: Hierbei handelt es sich um seine Tochter, die Prinzessin Medea.

In der Rolle eines stummen Soldaten des verwunschenen Königreichs Trodain bereist ihr die Welt, auf der Suche nach dem bösen Narren Dhoulmagus, um dessen Fluch wieder aufzuheben. Dieser hatte einen magischen Stab aus dem Schloss Trodain entwendet, welcher ihm unglaubliche Macht verlieh. Mit dieser Macht versteinerte er alle Bewohner des Schlosses und ließ es von Ranken überwuchern. Einzig allein der König und seine Tochter blieben verschont. Diese wurden in einen Troll und ein Pferd verwandelt. Während eurer Reise findet ihr außerdem noch drei Weggefährten, die alle Ihre eigene Motivation haben, Dolmagus zur Strecke zu bringen.
Die Story an sich gewinnt noch keinen Preis für Innovation. Es gibt eine Menge an geschichtlichen Wendungen, ganz ohne Zweifel. Allerdings ist die Erzählweise und die Schwarzweissmalerei der Charaktere in vielen östlichen Rollenspielen der vergangenen 25 Jahren vorzufinden. Ihr bekommt es lediglich mit Gutmenschen zu tun und die Bösewichte sind sofort als diese erkennbar. Warum ist Sie also interessant?
Sie ist interessant, weil die Charaktere im Spiel exzellent und homogen eingebunden werden, obwohl die Geschichte letztendlich doch relativ linear verläuft. Der überschaubare Grundstock an Figuren, den wichtigsten Charakteren, erhält im Verlauf des Spiels die Zeit sich zu entwickeln und zu wachsen. Unterstützt wird diese Immersion, das eintauchen in die Welt, von der Möglichkeit, jederzeit mit den Begleitern zu interagieren.

Obwohl nicht sonderlich viele Dialoge im Spiel vertont sind, überzeugt das Spiel mit seinem „Writing“. Selbst belanglose Dinge machen aufgrund der Neugier auf die Geschichte einfach Spaß. Zudem ist gerade die narrative Ebene die Stärke von Dragon Quest. Zum Beispiel wenn ihr zum wiederholten Mal ein Wortscharmützel zwischen Yangus und König Trode miterlebt. Apropos Synchronisation: Diese ist in Dragon Quest 8 herausragend, von ein paar schwächeren Sprechern abgesehen. Diese fallen jedoch kaum ins Gewicht und beeinflussen das Gesamtbild nicht negativ. Der König zum Beispiel spricht sehr hochgestochenes, fein akzentuiert Englisch, während Yangus seine Sprüche in schnoddrigem Cockney, einem Londoner Dialekt, vom Stapel lässt. Nicht weniger gelungen sind auch die starken deutschen Untertitel, die euch das Geschehen, selbst wenn ihr des englischen nicht mächtig sein solltet, hervorragend näher bringen. Die Unterhaltungen können entweder informativer Natur sein, um euch beim vorankommen zu unterstützen, oder es sind spaßige Wortgefechten zwischen den Protagonisten. Aber auch sonst kommt der Humor nicht zu kurz. Mal wird der verwunschene König für ein Monster gehalten und quer durch die Stadt gejagt, mal wird ihm während eines Trinkgelages die Pferdetochter geklaut und weiterverkauft. Auch Raubein Yangus sorgt mit seinem groben Charme immer wieder für amüsante Konflikte, während manche Bücher mit geradezu aberwitzigen Ratschlägen, Einschätzungen und Lebensweisheiten aufwarten. Der „Kern“ an Figuren wird von vielen toll geschriebenen Charakteren, auf die die Gruppe im Verlauf Ihrer Reise trifft, unterstützt. Jeder mit seinen eigenen Wertvorstellungen und Wünschen, sowie Zielen. Jeder Ort, den ihr im Laufe des Spiels erkundet, hat außerdem seine eigene Geschichte, denn häufig brodelt es unter der lieblichen Oberfläche ganz gewaltig. Auch wenn das Spiel in Knuddel-Optik daherkommt – die Themen sind durchaus erwachsen und bewegend. Wenn Freundschaft, Verlust und Mut angesprochen werden, sind das ganz große Momente des Rollenspiels. Immer japanisch angehaucht, immer rührend und einfach herzlich. Das macht Dragon Quest in seinem geschichtlichen Kern aus und es damit zu einem echten Erlebnis.

Kein Erlebnis ist dagegen die Gewöhnung an das veraltete Inventarmenü. Ausrüsten und verwenden der Gegenstände sollte gerade in einem Spiel für den Handheld deutlich komfortabler von der Hand gehen. Selbiges gilt auch für das Inventar-Management oder die Spielstandsicherungen. Die Benutzerführung, wie charmant sie auch gemeint sein mag, ist nach heutigem Standard eine Last, die ab und an sogar zu nervigen Auswahlfehlern verleitet. Immerhin genießt man auf dem 3DS neuerdings den Luxus einer Schnellspeicherfunktion, sodass man nicht länger auf den Besuch von Kirchen angewiesen ist, um seine Fortschritte zu sichern, oder das Spiel zu unterbrechen.

Die 3D-Cel-Shading-Optik verrichtet einen guten Dienst: Die Charaktere aus der Feder von Akira Toriyama wirken ausgesprochen lebendig, wenngleich man dem Spiel auch schon sein Alter anmerkt. Dieser ist für die Gestaltung der bei uns deutlich bekannteren Serie „Dragon Ball“ bekannt. Egal ob Verwunderung, oder blanke Wut, jede Stimmung ist in den Gesichtern, oder der Körperhaltung lesbar.
Die Landschaft wird ebenfalls komplett in 3D dargestellt. Äußerst lobenswert: die schöne Weitsicht. Egal, wie weit das nächste Gebirge entfernt ist, ihr erkennt auf einen Blick, ob sich in der Ferne Objekte befinden. Euer Forscherdrang wird dabei oft belohnt: Fast jeden Fleck der Spielwelt könnt ihr erkunden. Anfangs seid ihr noch zu Fuß unterwegs, später bewegt ihr euch aber noch mit Reittieren und weiteren Fortbewegungsmitteln durch die Welt. Die Weitläufigkeit hat allerdings ihren Preis: Manchmal ruckelt das Geschehen für kurze Zeit, oder manche Objekte werden etwas verspätet in die Landschaft geladen.

Apropos Optik: Viele Rüstungsteile haben normalerweise keinen visuellen Effekt, allerdings gibt es ein paar Ausnahmen. Es kann sogar gameplaytechnische Auswirkungen haben, wie ihr beispielsweise eure großbrüstige Begleiterin letztendlich kleidet. Entweder ihr rüstet sie mit einer starken magischen Rüstung aus, oder ihr entscheidet euch für das (in der 3DS Version nicht mehr ganz so) knappe Häschen Kostüm. Die Entscheidung liegt ganz bei euch.

Diese Liebe zum Detail macht auch vor der Gestaltung der Monster in Dragon Quest VIII keinen Halt. Jedes der Monster ist schön animiert und viele sind sowohl ansehnlich als auch amüsant. Beispiel gefällig? Bekämpft einfach mal einen tanzenden Teufel der seine heißen Hüften schwingt. Darüber hinaus gibt es auch Monster, die sich vor euren Augen zu einem „Supermonster“ zusammensetzen können wie Voltron, bekannt aus der gleichnamigen Science-Fiction Serie.

Die wohl offensichtlichste Neuerung der 3DS Version vom achten Teil der Dragon Quest Reihe ist der Wegfall lästiger Zufallskämpfe – wenn auch nur zu Land. Die potentiellen Gegner ziehen in der Neuauflage nämlich sichtbar durch die Gegend und können gezielt umgangen oder attackiert werden, sofern sie nicht vorher euch angreifen, oder das Weite suchen. Vorteile für geglückte Angriffe von hinten sind allerdings nicht möglich, wie etwa in „Ni No Kuni“, um einen Vorteil im Kampf zu erhaschen. Zusätzliche Möglichkeiten zur Kampfreduzierung sind aber nach wie vor vorhanden.


Die ersten Feinde, die wir treffen, sind zwar nicht sonderlich furchteinflößend, unterschätzen solltet ihr sie aber trotzdem nicht. Auch wenn ihr es hier mit kunterbunten Gegnern wie blauen Schleimmonstern, grinsenden Feldmäusen, oder auch Paprikaspießen zu tun habt. Diese können euch ziemlich weh tun, wenn nicht sogar euch den vorzeitigen Bildschirmtod einbringen.

Die Kämpfe werden dabei strikt rundenbasiert ausgetragen: Ihr könnt angreifen, euch verteidigen, die Ausrüstung wechseln, Gegenstände und individuelle Spezialaktionen anwählen oder Zauber einsetzen. Darüber hinaus gibt es die „Konzentrations“-Mechanik. Während des Kampfes hat jeder Charakter die Möglichkeit sich zu „konzentrieren“, anstatt anzugreifen, wodurch alle nachfolgenden Aktionen an Effektivität gewinnen. Je nach Höhe der Konzentrationsstufe potenziert sich die Effektivität. Das gilt für Angriffe, Statuszauber und Heilungen. In der höchsten Stufe erreicht ein Charakter einen Zustand, in dem sich ein flammendes Glühen um ihn abzeichnet, um die Fokussierung auf die folgende Aktion zu symbolisieren. Nach gewählter Aktion wird die Konzentrationsstufe wieder auf das niedrigste Niveau zurückgesetzt. Natürlich nimmt diese Mechanik einige Zeit in Anspruch, doch der Aufwand lohnt sich. Viele Bosse können daher auch eure Konzentration zurücksetzen, um euch den Kampf zu erschweren.

Eine weitere Mechanik ist das „Beleidigungs“-Kommando, mit dem ihr versuchen könnt schwache Gegner zu verjagen: Ihr macht den Gegner Angst, in der Hoffnung, dass sie sich kampflos verkrümeln. Dazu müsst ihr aber deutlich stärker sein, als eure Kontrahenten. Genausogut könnt ihr aber auch fliehen, um einem nervigen, oder gar ausweglosen Kampf zu entrinnen. Der Erfolg ist allerdings nicht garantiert. Geht dieser schief, kann kein Mitglied der Gruppe in diesem Zug eine Aktion ausführen. Je nach persönlichen Vorlieben kann man seine Mitstreiter auch nach festgelegten KI-Regeln agieren lassen, um ihnen nicht immer wieder Kommandos geben zu müssen. Selbst die Aktionen des Protagonisten lassen sich in der neuaufgelegten Version automatisieren, was gelegentliches leveln oder Gold farmen entsprechend erleichtert. Eine weitere Neuerung ist das Beschleunigen der Kampfanimationen, was die statischen Kampfwechsel verkürzt.


Die Charakterentwicklung verläuft weitestgehend automatisch. Fähigkeitspunkte werden sparsam vergeben, solltet ihr einen Level aufsteigen. Mit diesen Fähigkeitspunken könnt Ihr eure Protagonisten individualisieren. Anders als andere Spiele, die auf ähnliche Systeme zurückgreifen, werden die Fähigkeitspunkte in Dragon Quest VIII verwendet. Daher vergebt eure Punkte weise, sodass ihr bestimmte nützliche Techniken erlernen könnt. Die Fähigkeitspunkte werden in sogenannte Talente investiert. Dazu gehören beispielsweise „Courage“ beim Helden, oder das „Äxte“-Talent bei seinem Begleiter Yangus. Mit diesem System könnt ihr aus eurem Helden entweder einen schwertschwingenden, mutigen Kraftprotz, oder aber einen defensiven Heiler machen. Die Punkte sind es auch, die für das Erlernen von talentabhängigen Fähigkeiten notwendig sind. Wenn ihr wollt, kann eure Magierin sogar in ihrem „Sexappeal“ trainiert werden, womit sie Angriffe wie die „Kusspistole“ erlernen kann, die Gegner dazu bringen kann sich in sie zu verlieben und somit ein oder mehrere Runden aussetzen.

Auf dem 3DS kann man im Gegensatz zur Originalversion im späteren Spielverlauf noch zwei weitere Gefährten in die maximal vierköpfige Kampftruppe berufen: Die Rote Elster alias Red und Monsterarena-Besitzer Morrie.
Und da wir von der Monsterarena reden: Ihr habt im Spiel die Möglichkeit besondere Monster durch Besiegen dazu zu bringen, eurem „Monsterteam“ beizutreten. Dieses Team kann einmal pro Kampf für mehrere Züge herbeigerufen werden und euch unterstützen, oder in besagter Arena für euch antreten. Dort kämpft ihr um Ruhm, Ehre und vor allem Preise.
Auch könnt Ihr euer sauer verdientes Geld in „Jetons“ eintauschen und damit im Casino euer Glück versuchen. Auch diese Spiele haben durchaus Ihren Reiz und können stundenlang unterhalten.
Unterhaltung garantiert auch der Alchemiekessel. In diesem könnt Ihr viele ansonsten Nutzlose Objekte miteinander synthetisieren, um daraus im Idealfall wertvolle Begleiter und Unterstützungsobjekte für den Kampf herzustellen. Ein Umsehen in Bücherregalen nach Rezepten für den Alchemiekessel lohnt sich also.

Die sich immer weiter öffnende Spielwelt kann zu Land, zu Wasser und später sogar aus der Luft erkundet werden, wobei das Betreten von Dörfern, Dungeons und anderen Schauplätzen separate Karten öffnet und ihr diese gerade in Dungeons nichtmehr finden müsst. Der Touchscreen dient dabei oft als Karte oder berührungsempfindliches Extramenü. Bereits erkundete Orte könnt ihr in der Regel mit dem Teleportationszauber erreichen. Die Gestaltung der Dungeons ist vergleichbar geradlinig wie in den Vorgängern, allerdings wirken diese weniger wie frisch aus dem Baukasten.
Der 3D-Modus des Handhelds kommt hingegen lediglich im Monsterkompendium zum Einsatz. Hin und wieder müssen auch Rätsel gelöst und Hindernisse überwunden werden.

Durch den Tag/Nacht Zyklus in Dragon Quest 8, der das Spiel beeinflusst, könnt ihr nachts in der Regel auf stärkere Gegner treffen und Rätsel lösen, sowie Hindernisse, besonders als Taschenhamster Munchie, überwinden. Im Zuge dessen vermittelt dieser Wechsel auch ein echtes Gefühl für die Dauer eurer Abenteuerreise. Besonders im späteren Spielverlauf.

Exklusiv in der 3DS Version darf man sich nun als Fotograf versuchen und Schnappschüsse begehrter Sehenswürdigkeiten sammeln, editieren, sowie online oder per StreetPass tauschen und bewerten – kleine Belohnungen inklusive.
Auch Exklusiv, allerdings im negativen Sinne: Die Outfits, die eure Magierin im Vorgänger tragen konnte waren dem Publisher zu anstößig und mussten zensiert werden. Insofern hat eure Magierin nun deutlich mehr Stoff am Leib.
Es wurden zudem neue Gegner, ein weiterer Dungeon und zusätzliche Sequenzen implementiert, sowie kostenlose Zusatzinhalte angekündigt, die acht Monate lang wöchentlich erscheinen sollen.

Allerdings muss man, im direkten Vergleich mit der 12 Jahre alten Version für die PS2 konstatieren: Die ursprüngliche lebendige Cel-Shading Optik, die Level-5 Spiele auszeichnet, erscheint auf dem 3DS meist sehr pixelig und breiig. Die Farben sind sehr hell und kontrastreich, was im Vergleich eine deutlich unruhigere Wirkung erzielt. Auch das Benutzer-Interface hat unter dem Wechsel der Plattformen gelitten und sieht qualitativ minderwertiger aus. Selbiges gilt für den ansonsten herausragenden Soundtrack. Dieser ist von der symphonischen Orchesterbearbeitung in eine etwas synthetischere Version umgewandelt worden. Auch die spärlich genutzten 3D Features machen das nicht besser.

Wenn Ihr allerdings ein Herz für Japano-Rollenspiele habt und über die kleinen Schwächen, wie das gelegentliche grinden und die umständliche Menüführung hinweg sehen könnt, erwartet euch ein herzerwärmendes Abenteuer mit viel Witz, Charme und liebenswerten Charakteren. Wenngleich das Spiel auf dem 3DS nicht so hübsch erscheint wie auf der Playstation 2.

Fazit

+ Wegfall der Zufallskämpfe
+ Herzerwärmende Geschichte und Charaktere
+ Viele Nebenbeschäftigungen

– Zensur der Handheldversion im Vergleich zur Vorlage
– Altbackene Menüführung und Micromanagement
– Lieblose 3D Integration

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