Fast 3 Jahre nachdem Octopath Traveler das Licht der Welt erblickte, lässt Square Enix überraschend ein neues Spiel der HD-2D Reihe ankündigen: Project Triangle Strategy. Dabei wagt sich das Studio zum Erstaunen aller an ein Genre, an das sich Square Enix schon lange nicht mehr gewagt hat: Strategie-Rollenspiele. Manch Leser mag dabei direkt in Erinnerungen zu Final Fantasy Tactics und der Welt Ivalice schwelgen und sich die Frage stellen, ob die Magie der vergangener Tage wiederauferlebt werden kann, wird das S-RPG Genre mittlerweile doch völlig von der Fire Emblem Reihe dominiert, während Final Fantasy Tactics immer mehr in Vergessenheit geriet.
Ein kleiner Blick auf das S-RPG Genre
Besonders überraschend wirkt der Versuch eines neuen S-RPGs, wenn man den Erfolg von Octopath Traveler in Betracht zieht nicht. Das Spiel konnte inzwischen über 2,5 Millionen Verkäufe erzielen. Beachtet man jedoch, dass ein Großteil des Lobes für Octopath Traveler insbesondere das Kampfsystem betrifft, wirkt der Schritt eines Genre-Wechsels überraschend. Das allgemeine Interesse an einer Kombination aus Rollenspiel und Strategie war geschichtlich schon immer eher als Nische zu betrachten. Reihen wie z. B. Shining Force oder Disgaea hatten fast durchweg mit schlechten bis mäßigen Verkaufszahlen zu kämpfen und selbst Werke die voller innovativer Eigenideen stecken wie z. B. Valkyria Chronicles hatten es stets schwer, erfolgreich Fuß zu fassen. Auch Square Enix eigene Final Fantasy Tactics Reihe ereilte 2007 nach 3 vollendeten Spielen ein vorzeitiges Ende mit zwar durchweg guten Kritiken, jedoch ebenso mäßiger Verkäufe.
Und so konnte sich an traditionellen Reihen nur Fire Emblem im S-RPG Genre wirklich behaupten, obwohl auch diese Reihe vor ihrem großen Erfolg "Awakening" am Abgrund stand. Will man etwas Erfolgreiches im Bereich S-RPG schaffen, ist man also mit einer wirklich schweren Aufgabe konfrontiert, an der schon viele Entwickler gescheitert sind. Doch hinter Triangle Strategy verbirgt sich auch große Hoffnung: Produzent Tomoya Asano hat nicht nur am ersten Final Fantasy Tactics als Projektmanager gearbeitet, sondern war auch als Produzent an der recht erfolgreichen Bravely Reihe tätig und leitete später zusammen mit Masashi Takahashi das Projekt Octopath Traveler. Genau dieser Verlauf, sowie Project Triangle Strategys Prämisse ein Spiel zu sein, dass sich auf Entscheidungsfreiheit fokussiert könnte es zu einem beeindruckenden Konkurrenten der Fire Emblem Reihe erheben. Genug jedoch der Zahlen und Fakten zu S-RPGs und dem schweren Stand des Genres. Konkurrenz belebt das Geschäft und so ist es mir gerade als Fan der Fire Emblem Reihe ein großes Anliegen, dass Project Triangle Strategy auf diesesm harten Markt Fuß fassen kann und aufzeigt, wie man das Genre weiter innovieren kann.
Um einen ersten Eindruck gewinnen zu können, hat Square Enix eine sogenannte Debut-Demo im Nintendo eShop veröffentlicht. Etwa 6 Stunden Spielzeit brachte ich in dieser Demo zustande - durchaus eindrucksvoll für eine Demo. Noch dazu sind die Entwickler aktiv am Feedback der Spieler interessiert: wer die Demo spielt, wird automatisch ein Formular zugeschickt bekommen, in dem die Eindrücke geschildert werden können. Die gleiche Prozedur begleitete auch die Entwicklung von Octopath Traveler.
Stolz addressierte das Team in einem Video, wie die Resonanz der Spieler das Spiel beeinflusste. Vermutlich wird dies nun ähnlich verlaufen - ein löblicher, transparenter Prozess, der sonst eher bei Indie-Entwicklern üblich ist.
Ein vielversprechender Start
Beim Start der Demo werden wir ganz direkt vom epochalen Main Theme des Spiels empfangen - das lässt mit seinen Klängen bereits die Bandbreite an Kriegsdrama erahnen, die uns in diesem Werk erwartet. Doch das ist nicht alles, denn der Stil der Musik hebt sich von Octopath Traveler ab, zu dessen großen Stärken sicherlich der Soundtrack gehört. An Stelle von Yasunori Nishiki tritt nun Akira Senju, der vielen sicher am Besten bekannt ist für seine Arbeit an Fullmetal Alchemist: Brotherhood. Project Triangle Strategy ist nach zahlreichen Soundtracks zu Anime-Serien und Filmen das erste Videospiel, bei dem er für die Musik verantwortlich ist. Das bringt nicht nur frischen Wind in das Repertoire von Musikern, die für Square Enix arbeiten, sondern stellt eine sehr renommierte Wahl dar.
Schließlich beginnt die Demo mit einer Einführung in die Spielewelt "Norzelia". Das Königreich Glenbrock, dass sich durch seinen Handel auszeichnet liegt zwischen dem Reich "Aesfrost" im Norden, welches reichhaltig an Eisen ist, sowie dem östlich gelegenen heiligen Reich "Heissand", dessen wichtigste Ressource das Salz der Region darstellt. Aus dieser Konstellation heraus ergab sich historisch der "Salzeisenkrieg", der den ganzen Kontinent ins Chaos stürzte und massenweise Leben forderte. Dies mündete zwar in einem Waffenstillstand, doch entgegen der Annahme, alles wäre nun besser, wird dieser Waffenstillstand kurz darauf erneut gebrochen.
Mit dem rätselhaften Einmarsch von Herzog Gustadolph von Aesfrost in Glensbrock nimmt die Demo ihren Anfang. Unser Protagonist, der junge Prinz Serenoa, gehört Haus Wolffort an - einem der drei großen Häuser, die Glenbrock Treue geschworen haben. Ohne zu zögern marschiert er in das Schloss der Hauptstadt um das Schlimmste zu verhindern - schließlich möchte Aesfrost den König von Glensbrock einen Kopf kürzer machen.
Ein wenig zu viel "Mitten drin"
Zwar erläutert uns die Demo ein wenig der Vorgeschichte des Spiels, allerdings spielt sich dieser entscheidende Moment bereits im 6. Kapitel ab. Wir werden als Spieler also in einen dramatischen Konflikt geworfen, dessen Entfaltung in der Vollversion sicher sehr viel langsamer von Statten geht. Somit bleibt einiges an Emotionen auf der Strecke liegen, denn auch wenn bereits frühzeitig Charaktere im Spiel sterben, die bedeutungsvoll scheinen, haben wir zu dem Zeitpunkt keine Bindung zu den Charakteren. Das ist natürlich kein großer Kritikpunkt, da eine Demo idealerweise einen Zeitpunkt bedient, der die zentral wichtigen Punkte des Gameplays aufzeigen kann und diese liegen bei Project Triangle Strategy sicherlich im taktischen Kampfsystem und der Entscheidungsfreiheit, die in der Demo sehr gut zur Geltung kommen.
Beide Elemente lassen sich bereits kurz nach Anbeginn der Demo sinnvoll testen. Zusammen mit dem Prinzen Roland und vielen Gefährten bleibt lediglich die Flucht - Glenbrocks Rettung ist zu jenem Zeitpunkt ausgeschlossen und so müssen wir in unserer ersten Mission eine Brücke überqueren und schließlich mit einem Boot entkommen. Kurz zuvor können wir die Brücke bereits ein wenig auskundschaften, mit den Menschen reden und erstmals eine Wahl treffen, die unser Gesinnung beeinflusst.
Eine Gesinnung gab es bereits in vielen RPGs der Vergangenheit: Während Dungeons and Dragons z. B. die Gesinnung in eine moralische Achse für gut und böse, sowie eine Ordnungsachse zwischen rechtschaffen und chaotisch trennt, teilt sich die Gesinnung in Project Triangle Strategy in 3 Parameter ein: Nutzdenken, Moral und Freiheit. Auf wie viele Aspekte die Gesinnung des Protagonisten Auswirkungen hat, ist zum momentanen Zeitpunkt noch unklar. Bekannt ist jedoch, dass unsere Gesinnung dafür sorgt, dass unterschiedliche Charaktere der Welt Norzelia sich uns anschließen wollen. Bereits in der Demo haben wir damit die Möglichkeit an den Strategen Julio, die Schamanin Ezana, oder die Alchemistin Medina zu kommen.
Vom Kämpfen und Erkunden
Klassischerweise befindet sich Project Triangle Strategy in der isometrischen Perspektive, wohl auch als Anlehnung an Final Fantasy Tactics, aber diese Perspektive ist nicht fest - Die Kamera ist frei drehbar, bietet diverse Zoomstufen und unterscheidet sich damit von Octopaths HD-2D Umsetzung. Die Steuerung ist dabei geschmeidig, allerdings wäre es schön, wenn große Objekte unseren Charakter halbtransparent durchscheinen lassen würden. Teilweise lässt sich durchaus die Übersicht verlieren, wenn ein hohes Objekt Charaktere verdeckt und wir erst die Kamera drehen müssten, um das wahrzunehmen.
Nach der ersten Erkundung geht es auch schon prompt in den Kampf. Laut Entwicklern wurde die Schwierigkeit in der Demo dabei sogar etwas angehoben, damit man sich vollends austoben kann. Als Strategie-Enthusiast hatte ich zwar sofort viel Spaß mit der Demo, merkte jedoch auch, dass die angeblich höher angesetzte Schwierigkeit noch nicht ganz meine Bedürfnisse decken konnte. Die vielen strategischen Feinheiten die sich durch die Fähigkeiten der Charaktere ausnutzen lassen und eine recht mittelmäßige KI, sowie die fehlende Bestrafung, wenn ein Charakter KO geht machten die Demo mir persönlich doch etwas zu einfach. Hier genieße ich Fire Emblems Permadeath Funktion und die daraus resultierende Verantwortung, die jede spielerische Entscheidung weiter beeinflusst ein gutes Stück mehr.
Vielleicht gibt es so etwas wie die Jagd-Zonen aus Final Fantasy Tactics in der Vollversion, bei der Charaktere tatsächlich dauerhaft sterben konnten, jedoch halte ich es für unwahrscheinlich, da das ganze Szenario in FF:Tactics einen kindlicheren, impliziteren Flair versprühte, während Project Triangle Strategy keinen Hehl daraus macht, dass es sich um ein blutiges Kriegsszenario handelt und sich dennoch bisher gegen Permadeath entscheidet.
Davon abgesehen bietet sich zumindest eine hohe Varianz an Taktiken, die spannende Elemente wie Terrain, Höhenunterschiede, Wetter, sowie Fähigkeiten wie die Eiswand involvieren - Eine Wand über drei Felder, die gezaubert werden kann. Sie hat eine HP-Anzeige (Feinde greifen sie jedoch nicht an), schmilzt nach einiger Zeit und hinterlässt dabei gefrorenen Boden. Der wiederum gefällt unserem Eismagier Corentin, welcher auf einem eisigen Feld einen zusätzlichen FP (Fähigkeitspunkt) regeneriert und somit freudig mehr Magie einsetzen kann.
Auch die Position unserer Einheiten, sowie ihre Richtung ist ganz entscheidend in Triangle Strategys Kampfsystem. Wir können uns beim Beenden einer Runde in vier Richtungen drehen. Schlägt uns ein Feind am Rücken, so ist es definitiv ein kritischer Treffer. Steht jedoch z. B. einer unserer Charakter am Rücken eines Feindes und wir greifen ihn frontal an, so kommt es zu einem Folgeangriff - Nun wird der Charakter der am Rücken des Feindes steht zusätzlich mit angreifen und wir richten mehr Schaden an.
Schlussendlich gilt es die Höhe im Auge zu behalten - unsere Diebin Anna kann blitzschnell große Höhen überwinden, doch anderen Charakteren fällt das schwerer. In großer Höhe sind wir oft nicht so leicht zu erreichen und können z. B. mit einem Bogenschützen bequem und sicher attackieren - es gibt sogar Fähigkeiten, die mit einer gewissen Höhe immer mächtiger werden.
Die Entwickler haben sich also viel Mühe dabei gegeben, sinnvolle taktische Elemente in das Gameplay zu integrieren. Ein gewisses Highlight stellt für mich dar, wie ich durch Erkundung von einem Fallensystem in einer Stadt erfuhr, dass wir im Anschluss zu unserem Vorteil nutzen können. Machen wir Gebrauch von diesen Fallen, könnte die Bevölkerung darunter leiden, doch wir haben einen strategischen Vorteil. Weigern wir uns hingegen wird der Kampf sicherlich härter, dafür handeln wir ethisch korrekt. Wie wir uns auch entscheiden: Am Ende der Mission wird darauf reagiert. Ob diese Entscheidung im Kampf sich auf unsere Gesinnung auswirkt, ist unklar, jedoch wäre es wünschenswert, wenn wir unsere Gesinnung auch durch Entscheidungen im Kampf beeinflussen können - das verleiht dem Szenario bedeutend Immersion.
Einen kleinen Wermutstropfen gab es für mich in einer alternativen Mission: Hier müssen wir einen Hügel voller trockener Getreidefelder erklimmen, während der Feind mit Feuerpfeilen und Feuermagie das Beste aus der Situation macht. Für mich lag die taktisch und moralisch richtige Entscheidung darin, einen sogenannten Trumpf zu benutzen. Das sind Aktionen, die man nur begrenzt pro Schlacht ausspielen kann. So kriegte Schamanin Ezana direkt einen FP-Boost, um mit ihrer Wettermagie einen Regen herbeizurufen. Das Terrain konnte der Feind nun nicht mehr nutzen und auch das wertvolle Getreide blieb verschont. Es gab jedoch keine feindliche Reaktionen auf diese Aktion und als dann am Ende der Mission dennoch alle Getreidefelder ausgebrannt waren, obwohl kein einziges Feld zuvor in Brand gesteckt werden konnte, hinterließ dies einen etwas faden Beigeschmack. Das wird sicherlich Teil meines persönlichen Nutzerfeedbacks an das Entwicklerteam werden.
Da ich bereits auf Trümpfe zu sprechen kam: Auch das Gesinnungssystem selbst hat noch einen recht beeindruckenden Trumpf parat. Project Triangle Strategy legt nämlich einen erstaunlich ausgeprägten Fokus auf Politik. Recht früh muss eine harte Entscheidung getroffen werden: Aesfrost verlangt die Auslieferung von Prinz Roland. Liefern wir ihn aus, so werden wir keinen großen Schaden davontragen, nehmen allerdings einen zweifelhaften Ruf in Glensbrock in Kauf. Weigern wir uns hingegen, steht schon bald die Armee vor der Tür um uns den Prinzen gewaltsam zu entreißen und die hiesige Bevölkerung leidet unter dem Chaos.
Damit eine Entscheidung gefällt werden kann, findet zwischen unseren Gefährten eine Abstimmung statt. Wir können Informationen sammeln, die uns bei einer Argumentation zu Gute kommen und mit der richtigen Überzeugungsarbeit durchaus die Stimmen unserer Gefährten beeinflussen, um das Urteil in eine Richtung zu lenken, die uns richtig erscheint.
Die erste große Entscheidung der Demo mündet dabei in zwei Szenarien, die in ihrer Auswirkung für das Schicksal der Nation kaum unterschiedlicher ausfallen könnten. Während die Fire Emblem Reihe in vielen Teilen seit Thracia 776 (1999) einen Route-Split integriert und damit oftmals nur zwei Perspektiven bereitstellt, scheint Project Triangle Strategy einen verzweigteren Weg einzuschlagen. Zwar gelobte auch die Fire Emblem Reihe mit Three Houses Besserung, hier wurde jedoch die Gleichheit der Routen im Spiel zu einem massiven, berechtigten Kritikpunkt.
Die spannende Frage lautet also, ob es Project Triangle Strategy tatsächlich schafft, das Beste aus seiner Prämisse herauszuholen und damit wegweisend zu sein für dynamischere geschichtliche Verläufe im Strategie-Rollenspiel Genre. Die Demo macht dahingehend einen sehr vielversprechenden Eindruck - nun bleibt nur zu hoffen, dass die Varianz der Entscheidungen auch für sehr unterschiedliche Storyverläufe sorgt und nicht nur der rote Faden hin- und her pendelt, ehe er auf seine alte Position zurück schwingt.
Für mich persönlich hat die Demo völlig gereicht, um mir einer späteren Kaufentscheidung sicher zu sein. Meine Neugier wurde zunehmend von Zuversicht begleitet und selten bin ich so erpicht auf die Veröffentlichung eines neuen Spiels. Ich rate jedem, der ein Interesse am Genre verspürt, sich die Demo zu Gemüte zu führen.